Guatemala
gilt als das schönste Reiseland in
Zentralamerika. Die abwechslungsreiche Natur des Landes hat an Bergen und
Regenwäldern, Vulkanen, Küsten und Seen viel zu bieten. Der Atitlan wird als
schönster See der Welt angepriesen, er ist vollkommen von grüngescheckten
Vulkanbergen umgeben. In den Wäldern leben 900 Vogelarten, die genaue Zahl
der Bäume ist noch unbekannt. Es sind mehrere hundert. Das gilt auch für die
hier beheimateten Orchideenarten. 
Von den 10 Millionen Einwohnern sind mehr als die Hälfte indianischer
Abstammung. Einzigartige Mayaruinen findet man in Guatemala, eingewachsen im
dichten Regenwald. Darunter die mächtigste Stadt im Mayareich – Tikal.
Von
Guatemala City fuhr ich mit dem Camioneta (Bus) in Richtung Coban nach
Biotopo del Quetzal. Mit ihm kann man alle Orte des Landes erreichen. Einen
offiziellen Fahrplan gab es nicht und ich hatte Glück, dass mein Camioneta
bereit stand und schon nach 30 Minuten Wartezeit abfuhr. Vor jeder Kreuzung
wurde ausgiebig gehupt, denn wer am lautesten ist, hat immer Vorfahrt! Im
Falle, dass keiner hupen sollte, fährt der Mutigste zuerst. Überholt wurde,
wo Platz war, und zusteigen konnten so viele Passagiere, wie hineinpassten,
und das sind sehr viele, kann ich euch sagen. Das Dach des Busses wurde
natürlich mit Gepäckstücken voll überladen. Gut, dass ich einen Sitzplatz
hatte, na, einen halben wenigstens, denn eine dicke Frau saß mir fast auf
dem Schoß. Die anderen Fahrgäste standen bald übereinander, Ölsardinen sind
nichts dagegen. Trotzdem stoppte der Piloto (Fahrer) den veralteten Bus
noch, um weitere Passagiere aufzunehmen. Kinder, die mitfuhren, weinten und
Babys, die in den Tragetüchern ihre Mütter eingepfercht waren, wurden fast
zerdrückt. Man konnte nicht erkennen, ob sie schliefen oder schon bewusstlos
waren. Je weiter der museumsreife Omnibus nach Norden fuhr, desto mehr
leerte er sich auch wieder. Angehalten wurde durch Zurufen oder Winken.
Bewaffnete Männer in Uniformen blockierten die schlaglochübersäte
Urwaldstrasse. Ach so, nur eine Militärkontrolle.
An der vorher vereinbarten Stelle stoppte der klapprige Bus und der Piloto
ließ mich aussteigen. Mitten auf der Strecke stand ich nun da und war wieder
einmal auf mich allein gestellt. Auf der gegenüberliegenden Seite, an dem
mit Palmenblättern überdachten Eingangstor zum Biotop, sah ich ein Schild:
Cerrado (geschlossen). Was nun, ich befand mich mit meinem ganzen Gepäck,
einem Rucksack und meiner Fotoausrüstung auf der Straße. Einfach über das
Tor klettern? Lieber nicht. Die im Gegenlicht glitzernde und vor Hitze
flimmernde nasse Asphaltstraße ging ich ein Stück in Fahrtrichtung hinauf
und hatte Glück. Auf der linken Seite standen einige ganz passable Hütten,
deren Dächer kunstvoll mit Palmenblättern gedeckt waren. Sie sahen bewohnt
aus, denn aus einer stieg graublauer Rauch auf, der sich mit den tief
hängenden Wolken zu umarmen schien. Ich befand mich auf etwas über 2000 m
Höhe und der Regenwald ging hier in den sogenannten Cloudforest über. Beim
näher kommen stellte ich fest, dass es sich um eine Hospedache (einfache
Unterkunft) handelt. Schnell lief ich den kleinen Hügel hinauf, um zu
erfragen, ob ein Zimmer frei wäre. Hinter der Haupthütte, eine Rezeption gab
es nicht, traf ich unter einer Überdachung ein junges Mädchen, das über
offenem Feuer Tortillas backte. Ihre Eltern waren in der Stadt und Besucher
hatte sie keine, aber sie könnte mir auch eine Gästehütte zuweisen. Es
standen drei sehr geschmackvoll errichtete, blockhausähnliche Hütten mit
jeweils zwei Etagen zur Auswahl, da ich der einzige Gast war.
Sogar einige Blumenrabatten waren liebevoll angelegt. Wildromantisch blühten
auch welche auf den mit Moos bewachsenden Dächern. Vorbereitet und
ausgerüstet war ich, um im Wald zu schlafen, aber eine so gute
Übernachtungsmöglichkeit nutzte ich natürlich liebend gern. Von hier aus
konnte man jeden Tag hervorragend seine „Expeditionen“ in die
Bergregenwälder starten. Das Mädchen fragte, ob ich etwas essen wollte, als
ich ihr zu verstehen gab, dass ich zuerst in den Wald musste, um die Gegend
zu erkunden, schaute sie mich mit großen braunen Augen an. „Ist das ein
komischer Kauz“, dachte sie jetzt bestimmt von mir. „Der kommt hier nur mit
einem Rucksack an und rennt gleich in den Wald.“ Ich hatte auch keine Lust,
jetzt zu diskutieren, denn ich musste in meinem Feuereifer einfach los.
Schließlich befand ich mich doch in der Heimat des Quetzals (Göttervogel).
Schnurstracks und ohne mich noch einmal umzudrehen lief ich geradeaus mitten
durchs Gebüsch, keine Zeit für große Umwege. Der Busch wurde nun immer
dichter und ich schob mich schon seitwärts durchs Dickicht. Bald steckte ich
im Gestrüpp fest und im engen Kleid des Waldes ging es kaum noch vorwärts
oder rückwärts.
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