Akis wollte mich nun zu einem weiteren Danidorf bringen, in dem sich
ebenfalls eine Mumie befand. Da es schon später Nachmittag war, disponierten wir um und machten uns auf den Weg in ein Dorf, wo es einfache Unterkünfte zum Übernachten gab. Da die Abendsonne schon ziemlich tief stand, begleiteten uns Schwärme von Moskitos. Als wir das Dorf erreichten war es schon dunkel, gut das Akis sich auskannte. Vor der kleinen Herberge wurden wir fast von einem Dutzend halb verwahrloster Hunde begrüßt, darunter spindeldürre Kreaturen. Wir waren die einzigen Gäste. Hier gab es sogar lauwarme Coca Cola und elektrischen Strom.
Am nächsten Tag, nachdem wir unsere Wasserflaschen wieder gefüllt hatten, machten wir uns für das nächste Abenteuer bereit. Der schmale holprige Weg war von einer mächtigen Gebirgskette umgeben. Wir befanden uns auf ca. 1600 m Höhe. Ständig hatte ich klebrige Spinnengewebe, die an unsichtbaren Fäden zu hängen schienen, in meinem Gesicht. Um besser fotografieren zu können, lief ich vor Akis. Bald erreichten wir eine weite Tallandschaft. Unterdessen stand die Sonne schon so hoch, dass der Rest des in Schräglage liegenden Weges zu einem schweißtreibenden Unternehmen wurde.
Am hellblauen Himmel, an dem keine Wolke zu sehen war, vor den hohen, schroffen, aschgrauen Felswänden kreiste ein prachtvoller Adler im eleganten Suchflug. Der geschickte Luftjäger hatte offensichtlich Beute ausgemacht und stürzte sich pfeilschnell im rasanten Jagdflug, mit weit nach vorne gestreckten Fängen, in eine Graswiese. Er hatte eine fette Maus geschlagen. Nach einem anstrengenden Fußmarsch erreichten wir das hinter einem Fluss liegende Dani-Dorf. Durch die geringe Strömung war das Wasser so dreckig, dass man keine Gelegenheit für eine Erfrischung hatte. An dieser Stelle war der träge fließende Fluss sehr tief. Deshalb hatten sich die Danis aus langen Bambusstangen, die mit Lianen verknüpft waren, eine kunstvolle Brücke gebaut. Als wir sie überqueren wollten, kam ein Wächter, der sich im Gebüsch versteckt hatte, auf uns zu und verlangte so einen hohen Brückenzoll, dass wir uns nicht einigen konnten. Um seine Autorität zu unterstreichen, hatte er sich über seinen Koteka einen alten Militärkoppel geschnallt. Mit diesem Produkt der Zivilisation nimmt er auch gleichzeitig eine Sonderstellung in seinem Stamm ein. Akis kannte flussabwärts eine Stelle, wo wir ihn auch ohne Brücke durchwaten konnten. Am anderen Ufer trafen wir auf Frauen, die stirnbandartig an ihren Köpfen befestigte Tragnetze, in denen sich große Früchte, Kartoffeln, Zuckerrohr und Bananen befanden, auf dem Rücken trugen. Eine junge Frau transportierte so ihr schlafendes Baby. Mir fielen sofort einige fehlende Fingerglieder der halb nackten Frauen auf. Am gut eingezäunten Dorf angekommen, fragte ich mit Händen und Füßen, ob wir auch hinein dürfen. "Ya ya" antworteten die erschöpften Frauen, aber es sei wohl niemand da. Diesmal stiegen wir über eine Leiter, die durch eine schmale überdachte Eingangsöffnung führte. Genau gegenüber stand eine stattliche Rundhütte, die für Frauen tabu ist, denn sie ist ein reines Männerhaus. Neben der Rundhütte befanden sich mehrere kleinere Frauenrundhütten, in denen die Frauen zusammen mit den Schweinen lebten. Es gab auch eine längliche Hütte mit vielen Feuerstellen, das war wohl so etwas wie eine Gemeinschaftsküche. Da kaum jemand im Dorf war, setzten wir unsere Reise wieder fort, denn ich wollte ja noch die Mumie von Akima, so heißt der Ort, in dem sie sich befand, sehen. Um Zeit zu sparen schlugen wir uns nun wieder zur staubigen Straße durch. Wir wollten abends in Wamena sein. Unterwegs trafen wir einen älteren Eingeborenen mit besonders langem Penisköcher, in seinen Händen hielt er Pfeile und Bogen. Ein aus braunen Hühnerfedern gefertigtes Stirnband schmückte sein graues Haar. Gegen ein kleines Trinkgeld zeigte er mir seine treffsicheren Schießkünste.
Als wir die unasphaltierte Straße erreichten, hielt Akis ein Taxi an. Nach 20 Minuten waren wir in Akima, na, das war ja einfach. Noch 5 Minuten laufen und wir waren am Ziel. Am Eingang stand ein kleinwüchsiger Dorfbewohner, der schon von weitem signalisierte, keine Fotos ohne Bezahlung. Er hatte meine Kamera gesehen. Ich fotografierte heimlich aus der Hüfte, er bemerkte das nicht. Nun wollte ich aber die legendäre Mumie sehen. Dafür musste ich mich erst in ein großes Gästebuch eintragen und einen gepfefferten Preis zahlen. Akis übersetzte mir, dass es sich hier um eine über 200 jährige Häuptlingsmumie handelt. Der Häuptling galt seiner Zeit als gefürchteter Krieger und Anführer, niemand hatte ihn besiegt und deshalb sollte er als Mumie unsterblich werden. Noch heute wird seine Seele von den Danis um Rat gefragt.
Am Abend waren wir wieder in Wamena und Akis begleitete mich noch bis in meine einfache Unterkunft, wo eine erfrischende Dusche auf mich wartete.


Die Hochlanddörfer der Danis erreicht man vom Flughafen Sentani in Jayapura mit Merpati Airlines nach Wamena. Der Flug dauert ca. 45 Minuten.

 

Verstümmelte Finger einer Danifrau. Die fehlenden Glieder wurden mit einem Steinbeil abgehackt und bei der Verbrennung eines verstorbenen Familienmitgliedes mit in die Feuersbrunst gegeben, um die böswilligen Gottheiten des Todes zu besänftigen.

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