Wieder einmal in Sarawak auf Borneo. In Miri warte
ich auf die kleine Twin Otter, die mich nach Bario, der Stadt weitab in den
Bergen, nahe der Grenze nach Kalimantan, bringen soll. Langsam werde ich
unruhig. Mein Flieger sollte schon vor einer Stunde starten.
Aufgeregt vergleiche ich die Flugnummern auf meinem schon in Deutschland
ausgestellten
Ticket mit denen auf der einfachen Anzeigetafel. Sie kann noch nicht weg
sein, oder? Niemand ist da zum Fragen. Jetzt erscheint jemand am Schalter
und ich zeige auf meine Bordingcard. Alles klar, die Maschine kommt noch.
Na, Gott sei Dank.
Nach 50 Min. Flugdauer setzte die kleine Propellermaschine sicher auf der
betonierten Graswiese, die hier Flugplatz heißt, in Bario auf. Hierher
gelangt man nur mit dem Flugzeug (einmal täglich). Es gibt keine
Straßenverbindung, weder eine Dschungelpiste noch einen Wasserweg. In ganz
Bario (1000 Einwohner) findet man keine asphaltierte Straße oder einen
gepflasterten Weg. Wer in den nächsten Ort möchte, geht zu Fuß oder nimmt
sein Motorbike. Gerade mal 10 Autos verkehren hier.
Als einziger weißer Passagier werde ich gleich von mehreren Einheimischen
begrüßt und umringt, um mich für einige Übernachtungen zu gewinnen. Von
einem britischen Reisenden, den ich schon in Miri traf und der aus Bario
kam, hatte ich aber schon in Erfahrung gebracht, dass es bei Douglas die
besten Unterkünfte gab. Dieser war auch tatsächlich mit seinem "Waagen"
(Scheinwerfer, Tacho, Spiegel, Radio oder Nummernschilder hatte er nicht) am
Flughafen.Nach einer viertel Stunde erreichten wir sein etwas abseits
gelegenes Holzhaus, das von einem blühenden Garten umgeben war. Mit
kräftigen Farben leuchteten die Blüten aus dem satten Grün. Angenehm
überrascht stellte ich fest, dass es hier an nichts mangelte.
Angefangen vom guten Bambusmobiliar, Fernseher, elektrischem Licht
(Dieselaggregat) bis hin zum Wasserklo war alles vorhanden. Douglas wollte
natürlich
wissen, wie lange ich bleibe und was ich vorhabe. Als er hörte, dass ich 16
Tage bleibe, konnte er das gar nicht fassen, denn die meisten Reisenden, die
sich hierher verirren, bleiben für eine Nacht, gehen 2, höchstens 3 Tage auf
Trekking und reisen dann nach einer weiteren Übernachtung wieder ab. Nun
erzählte ich ihm, dass ich in den Regenwald gehen will, um dort seltene
Tiere zu beobachten, einheimische Pflanzen zu fotografieren und auf die
Penan zu stoßen hoffe. Gleichzeitig bat ich ihn darum, einen guten Guide zu
besorgen. Er hatte eigentlich schon mehrere für seine Gäste parat, aber als
er hörte, was ich alles vor habe, sagte er: "Da brauchst du einen anderen
Führer. Morgen gehen wir zum Market (kleiner Einkaufsplatz mit 2-3 einfachen
Lokalen im Zentrum), dort mach ich dich mit dem besten Jäger von Bario
bekannt, Jaman Riboh".
Am nächsten Tag also lernte ich dann Jaman, der auch gleichzeitig der
Betreiber der Jem's Rainforrest- Lodge war, kennen. Er fragte mich, mit
welchen Schuhen ich denn in den Busch gehen will und ich sagten na mit
diesen die ich anhabe.
Alle Männer am Tisch und Jaman schauten nach unten, sahen meine Halbschuhe,
fingen an zu grinsen und fragten mich ob das tatsächlich mein Ernst sein
soll. "Was ist denn los" fragte ich? "Na mit diesen Schuhen kannst du doch
nicht in den Wald gehen". "Warum denn nicht?". "Das sind doch keine
Trekkingschuhe". " Aber es sind doch Schuhe, sage ich, die Buschmänner gehen
barfuss, da werde ich doch mit Schuhen laufen können, oder"? "Sind sie denn
nicht zu schade"? Kam als Antwort. "Nein, nein NAAM ANUN (kein Problem) die
habe ich extra auf einem Trödelmarkt in Germany gekauft. Die waren sehr
preiswert und sind fast neuwertig. Sie brauchen nur diese Reise zu halten".
Das konnten Jaman und seine Freunde kaum fassen, dass jemand Schuhe kauft,
um sie nach 2-3 Wochen wegzuwerfen. Von nun an war ich der Man mit den
Sundayshoes, und immer, wenn ich die Worte NAAM ANUN gebrauchte, freuten
sich alle Anwesenden.
Um
einen besseren Ausgangspunkt für meine Regenwaldtour zu bekommen, checkte
ich in die einfach ausgestattete Jem's-Lodge, die eine Stunde Fußmarsch, am
Rande der Siedlung Pa' Umor lag, um. Da ich Land und Leute kennen lernen
wollte, machte mich Jaman mit einigen Einwohnern des Ortes, den Kelabit,
bekannt. Leider musste ich feststellen, dass die Zivilisation auch hier
schon ihre Spuren hinterlassen hatte. Nur noch die alten Männer und Frauen
trugen den traditionellen Ohrschmuck. Die Fenster des einzigen Langhauses
und die der recht stattlichen Holzkirche waren schon verglast. In der
Siedlungsmitte hatten sie sich einen Volleyballplatz eingerichtet. Der Ball
und das Netz stammten aus Miri.
Mit Mutang, den Jaman als Begleiter für unsere Regenwaldtour anheuerte,
freundete ich mich sofort an. Er zeigte mir die Umgebung und nahm mich mit
in sein einfaches Pfahlhaus, gebaut aus Buschmaterial. Die Holzbohlen für
die Wände sind alle per Hand angefertigt worden. Das Dach war mit Wellblech
gedeckt. An der Treppe zum Eingang wachte ein angeketteter Makakenaffe
Namens Atel, der auf einen Fremden gar nicht gut zu sprechen war. Ein Blick
von mir erregte schon seinen Ärger. Ich musste vorsichtshalber immer einen
großen Bogen um ihn machen, wenn ich passieren wollte. Dann sperrte er jedes
Mal sein Maul soweit auf, wie er konnte, und zeigte mir seine überaus großen
Zähne. Das Innere des Hauses war mit zwei Schlaf- und Wohnräumen und einer
Küche mit offener Feuerstelle ausgestattet. Neben der Eingangstür standen
gleich drei Sumpits griffbereit, jede angefertigt aus einem Stück.
Wie lange die Herstellung dieser Waffe, dauert wollte ich wissen? Fünf Tage,
war die Antwort. " Welches Gift verwendet ihr für die Pfeile". "Wir mischen
das Gift der Menerang (Kobra) mit dem des Berauk (Frosch).
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