Morgens um 6.30 Uhr war ich schon auf
Entdeckungsrunde, denn in den kühlen Morgenstunden ist die Natur am
schönsten. Als ich in die kleine Siedlung kam, sah ich Mutang mit einem
langen Samuraischwert. Er ging in Richtung
Dorfausgang
und ich schloss mich ihm an, ohne zu wissen, was er vorhat. Nach ca. 20 min.
erreichten wir ein Reisfeld und ich sah an einer deutlichen Schleifspur,
dass
man hier einen mächtigen Wasserbüffel aus dem sumpfigen Feld gezogen hatte.
Irgendwie stimmte mit dem Tier etwas nicht. Am gegenüberliegenden Feldrand
hatte man ein kleines Gerüst aufgebaut. An diesem war der Büffel, auf der
Seite liegend, mit einem langen Strick, durch den ein Nasenring geführt war,
festgebunden. Mutang erklärte mir, dass der Büffel schon seid drei Tagen in
seiner Wasserlache lag und auch keine Nahrung mehr zu sich nahm. Er musste
notgeschlachtet werden. Das halbe Dorf hatte sich schon um den Schauplatz
versammelt. Nun ging alles sehr schnell. Während Mutang's Bruder mit dem
Strick den Kopf des Büffels auf die Seite drehte, holte Mutang schon kräftig
mit dem Schwert aus und schlug mehrmals auf die Kehle. Es gab ein
unangenehmes dumpfes Geräusch und das Blut schoss wie aus einer Fontaine aus
der weit aufklaffenden Wunde heraus. Das Tier rang vergebens durch die
geöffnete Luftröhre nach Sauerstoff. Dieses dabei entstehende, schreckliche
Geröchel lässt mich noch heute erschauern. Das Tier hatte den letzten Atemzug
gerade getan, da wurden ihm schon professionell die Läufe abgetrennt,
anschließend der Kopf. Jetzt wurden die Innereien herausgenommen. Ein
anderes Team befestigte alles schon an dafür vorbereiteten Bambusstangen, so
dass zwei Mann es bequem abtransportieren konnten.
Alles wurde verwertet. Der Pansen, Gedärme usw. gingen an die Hunde. Nach
einer Stunde war nur noch ein großer roter Fleck vom routiniert zerlegten
Büffel, auf der Wiese zu sehen.
Um im Regenwald besser überleben zu können, wollten wir ein von Mutang
selbst gebautes Gewehr mitnehmen, das aber erst repariert werden musste. Das
war aber gar nicht so einfach, da es hier ja weder eine Werkstatt noch ein
Schweißgerät gab. Das Metall, das sich um den Abzugshahn befand, war
gebrochen und sollte geschweißt werden. Dazu musste die ganze Waffe
auseinandergebaut werden und das gebrochene Teil wurde in die Glut von einem
offenen Feuer gelegt, das mit einem Blasebalg geschürt wurde. Nun presste man
die weich gewordenen Teile aneinander und betropfte sie mit Wasser, um sie
wieder zu verbinden. Das klappte aber nicht auf Anhieb.
Liyan, ein Freund Mutangs, kam zu uns und berichtete mir, dass zwei
Holländerinnen bei Jaman eingecheckt hätten. Als ich ihnen beim Abendessen
in der Lodge begegnete, sagten sie gleich zu mir: " Du bist der Mann mit den
Sundayshoes"! "Ja, woher wisst ihr denn das", fragte ich erstaunt. "In Bario
erzählen sich alle Leute davon, du bist bei ihnen sehr beliebt, überall wo
man hin kommt, geht es nur um den Mann mit den Sundayshoes, wie hast du das
gemacht"? Ich sagte: " Ich habe nichts gemacht". Später fragten mich die
Frauen, ob sie auf meine geplante Tour mitkommen könnten, und ich sagte: "
Na klar".
Am nächsten Morgen brachen Jamen, Mutang, Liyan, die beiden Holländerinnen
und ich in den Regenwald auf. Wir gingen in Richtung Kalimantan
(indonesische Grenze). Ein einfaches, geradegebogenes Stück Wellblech,
diente als Hinweisschild dafür, dass sich hier eine Staatsgrenze befindet.
Obwohl wir uns vor Antritt der Tour reichlich Tabak und Salz gegen die
Blutegel in die Socken gesteckt hatten, mussten wir nun feststellen, dass
diese davon wenig beeindruckt waren. Duzende der fürchterlichen Plagegeister
hatten sich um
die Knöchel und an den Waden festgesaugt. Einige schafften es
sogar immer wieder bis hinauf zum Bauch. Alle 20-30 Min. wurde nun eine
Blutegelabsammelpause eingelegt. An einem fast 50 m hohen Merantibaum, an dem
Jaman vor zwei Jahren, als er das letzte Mal hier war, mit der Machete eine
Kerbe in die Rinde schlug, stoppten wir. Die Jäger tun dies immer, wenn sie
an solchen Bäumen vorbeikommen. Damit helfen sie sich selbst und anderen,
die hier später entlang kommen könnten. Das nur langsam austretende Baumharz
ist ein vorzüglicher Brandbeschleuniger. Jaman konnte nun seine eigenen
"Früchte" ernten. Das ausgehärtete Harz erinnerte mich an Bernstein. Er
nannte es scherzhaft: "candel stone". Die seltene, Fleisch fressende Pflanze
Monkey-Cup konnten wir am Nachmittag bewundern. |