Mit 181035 km² ist Kambodscha nach Singapur
und Brunei das kleinste Land Südostasiens. Der drittlängste Strom des
Kontinents fließt durch seine
Tiefebene. Es ist der Mekong. Die Geschichte
und der Tagesablauf von den Menschen, die an seinen Ufern leben, werden
durch ihn bestimmt. Kambodscha ist noch zu 70 % mit tropischen Wäldern
bedeckt. Sie gelten als die artenreichsten der Welt. Der Erdgeist neak ta
genießt hier große Verehrung. Ebenso die Geister des Windes und des Wassers.
Noch Anfang der 1980er Jahre gab es hier weder Banknoten noch Briefmarken,
Bildung war verboten, Brillenträger wurden getötet, sie sahen zu intelligent
aus. Der Diktator Pol Pot wollte ein ganzes Volk zu trivialen Reisbauern
deklassieren. Bis heute gibt es keine ausreichende medizinische Versorgung.
Wer ernstlich erkrankt, muss nach Bangkok, Saigon oder Singapur ausgeflogen
werden. Einzige imposante Sehenswürdigkeit des Landes ist die monumentale
Tempelanlage von Ankor Wat ( größte der Welt ), zum Teil noch vom Urwald
überwuchert. Ankor war schon eine quirlige Millionenstadt, als in Paris oder
London gerade mal 30 000 Einwohner lebten. Airport Sieam Reap. Die
Fluggäste ohne Visum sollen nach links gehen und sich an einem gesonderten
Schalter anstellen. Da ich schon eines habe, gehe ich direkt in Richtung
Exit. Der Zoll hat ein Problem mit meinem schon in Deutschland ausgestellten
Einreisevisum. So eines hat der hiesige Beamte noch nicht gesehen. „Woher
kommen Sie? Das erste Mal in Kambodscha? Wie heißt Ihr Hotel...?“ Ich darf
passieren.
Am Ausgang wird mir von einem Taxieinweiser ein Motorbikerfahrer angeboten.
„One Dollar.“ Er soll mich in ein preiswertes Hotel fahren. Plötzlich steht
der Zöllner hinter mir. „Passport, Passport!“ Lange schaut er sich ihn
erneut an. Der Visumsticker des königlichen Konsulates in Berlin lässt ihn
nicht in Ruhe. Mit einer Miene wie zerbrochenes Geschirr reicht er ihn mir
dann zurück. Alles in Ordnung. Bros, der Fahrer, nimmt meinen Rucksack
zwischen seine Beine, ich schultere meine Fotoausrüstung und schon geht es
los in Richtung Innenstadt. 35 C, der frische Fahrtwind tut gut. Die kleine
orange Nadel der Tankanzeige zeigt auf leer. Ich frage: „Ist Dein Tacho
kaputt?“ - „Nein.“ - „Bist Du sicher, dass der Sprit reicht?“ „Ja.“ - „Woher
willst Du das wissen? Die Anzeige steht doch auf Null!“ - „Ich habe gerade
einen halben Liter getankt, darum.“
Nach
dem Einchecken geht es mit der Honda direkt nach Ankor Wat. Für 40 berappte
Dollar bekomme ich ein laminiertes 3-Tages-Ticket mit Passbild. Die
großartigen Tempelruinen von Ta Som, Neak Pean, Pre Rup, Takeo und Bantea
Kdei stehen als nächstes auf dem Programm. Der absolute Blockbuster ist die
völlig von den souveränen Wurzeln der Kapokbäume überzogene Anlage von Ta
Phrom. Hier bekommt man das Gefühl auf einem völlig anderen Planeten zu
sein. Von Reliefs und Verzierungen nur so strotzend befindet sich das ca. 37
km entfernte Banteay Srei. Es bietet prunkvolle Bildhauerkunst auf höchstem
Niveau. Dort atmet man die himmlische Ruhe einer
vergangenen Zeit. Wie wird es hier vor 1000 Jahren ausgesehen haben, wenn es
einem heute noch den Atem raubt? Hier treffe ich Moym, eine charmante
12jährige Postkartenverkäuferin, deren Herz noch tief und rein wie ein
Bergsee ist. Für den Vorkriegspreis von 1$ kaufe ich ihr 12 Exemplare ab.
Nach wenigen Minuten kommt sie zurück, zupft meinen Arm und schenkt mir ein
selbst gezeichnetes A4 großes Bild. Ich bin gerührt. Frappant sind auch die
Gesichtstürme von Bayon. Über Phnom Penh reise ich weiter in die Ratanakiri
Provinz. Die AN – 24 fährt ihr Fahrwerk aus und setzt staub aufwirbelnd auf
der trockenen rostroten Sandpiste auf. Banlung (8000 Einwohner) heißt die an
eine alte Westernstadt erinnernde Provinzhauptstadt. Am Ausgang lauern
scharwenzelnd die Guides auf Touristen, die hier rar sind. Die 52 Sitze der
Maschine sind nur mit 16 Personen belegt. Die meisten davon sind
Einheimische, und deshalb werde ich gleich von mehreren Guides umlagert.
Gelassen warte ich auf meinen Rucksack. Aus dem Internet weiß ich von einer
Regenwald – Lodge etwas außerhalb. Sie liegt in Richtung vietnamesischer
Grenze. Lim wird mich mit seinem Motorbike dorthin bringen. Der holprige Weg
ist so
staubig,
dass mein weißes T-Shirt bei unserer Ankunft rotbraun ist. Ebenso mein
Gesicht und die Haare. Sie fassen sich nun an wie trockenes Stroh. Für 8$
bekomme ich den naturnahen Bungalow Nr.8 am Ende der Anlage. Eine 30 cm
lange, geckoähnliche Echse über meinem Bett sucht sich nun einen anderen
Tribünenplatz. Von mir aus könnte der prädestinierte Moskitojäger noch
bleiben, aber das fangsichere Reptil teilt diese Meinung nicht. |