Am
Wegesrand haben die Händler das große Wort. Das Geschäft mit den seltenen
Touristen wollen sie sich nicht entgehen lassen. Vom Nashornvogelschnabel
über Tigerfelle bis hin zum Affenschädel bekommt man hier alles. Ketten aus
bunten Perlen und Muscheln, Messingfiguren, farbenfroh gewebte Decken,
kunstvoll verzierte Schnitzereien, Speere oder die traditionellen
Kopfbedeckungen werden für teure Dollars feil gehalten. Wieder und immer
wieder werde ich in einige Hütten komplimentiert, um ihnen etwas abzukaufen.
Nächster Tag. Während die Sonne ihren Weg über den pittoresken Himmel
beschreitet, entsteht eine aufregende Kulisse, als die ersten Stämme ihre
Jahrtausende
alten, exotischen Tänze hüpfend und springend aus ihrer Kultur inszenieren.
Wie ein Ruf aus einer längst vergessen geglaubten Welt erklingen die
passionierten Gesänge der Tänzer. Mit glockenklaren, fragilen Timbres setzen
später die Mädchen ein. Dazu schlagen sie die Trommeln oder Gongs.
Unüberhörbar auch das Auslöserklicken der Nikons und Minoltas der
marodierenden Möchtegernabenteuerfotografen; skandalöse Paparazzipiraten der
Wildnis! Majestätisch thronen die imposanten Berge des östlichen Himalaja
zwischen Urzeit und Moderne. Mit wildem Geheul führt nun nacheinander jeder
Stamm seine Tänze auf dem Festplatz vor der großen Bühne auf. Erst tanzen
die Männer im Kreis, dann die Mädchen und Frauen. Das Gefühl etwas
Einzigartiges zu erleben begleitet einen den ganzen Tag. Ein Tag der
phantastischer ist als jeder Roman. Leider bleibt der bitterschale
Beigeschmack eines Firstclass - Abenteuers haften, wenn ich das „Restaurant“
mit dem Dekorsamt verkleideten Büffet und das in Anzügen mit Fliege
overdressed Personal sehe, die das Essen extra für die Gaumen des
europäischen Geschmacks zubereitet haben oder die Toilettenhäuschen mit den
Keramikwasserkloschüsseln. Kindergeburtstag!
Für die Neujahrsnacht wurde ein stattliches Lagerfeuer vorbereitet. Gute
zwei Meter
stapeln
sich die mit Brandbeschleuniger präparierten Holzscheite in die Höhe. Der
Zünder hängt an einer ca. 12 Meter langen Leine, die von der großen Bühne
aus direkt in das Brennholz führt. Dieser ist mit einem Gewicht und einer
Rolle versehen. Mit einer über zwei Meter langen Lunte wird mit Haltung und
sehr stilvoll der bereits brennende Zünder in Fahrt gebracht. Das heißt, es
wird einfach das kleine Halteseil durchgebrannt und das Gewicht zieht den
Zünder über die Rolle in das Lagerfeuer. Sofort lodert es auf und die Naga
stoßen ihre schrillen Freudenschreie aus. Showtime! Ein „Pyrotechniker“
zündet einige um das Lagerfeuer stehenden Silberfontainen an. Später werden
noch einige triviale Sylvesterraketen abgeschossen. Mit rhythmisch
stampfenden Füßen und
wiederholt in gellende Schreie ausbrechend, werden die traditionellen
Stammestänze des Tages um das hoch auflodernde Feuer wiederholt.
Wieder geht eine fulminante Reise in das Unbekannte zu Ende. Wehmütig heißt
es Abschied nehmen. Abfahrt 4.00 Uhr morgens. Der klapprige Geländewagen,
der mir zugeteilt wurde, schaukelt sich als letzter in Richtung Hkamti. Auf
halber Strecke hat er Motorschaden und natürlich ist kein Fahrzeug mehr
hinter uns. Das Flugzeug wird wenigsten warten, da es eine Chartermaschine
ist. Ein vorbeikommender Landrover wird uns später mitnehmen. Unser Gepäck
muss zurückbleiben. Da der Kofferraum schon voll ist, hilft auch kein
Lamentieren.
Wenigsten klappt es mit dem Boot, denn die anderen sind schon lange fort.
Die zurückgelassenen Gepäckstücke kamen kurz vor Abflug noch am Flughafen
an.
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