Als wir die Yanomamisiedlung erreichen, vertauen wir unser Boot gut, denn wir wollen hier übernachten. Die am felsigen Ufer wäschewaschenden, hüllenlosen Frauen nehmen kaum Notiz von uns. Flaco führt mich gleich in eine großräumige Hütte, die gänzlich aus Buschmaterial errichtet wurde. Diese hat keine Fenster. Nur einige Lüftungsschlitze. Auch verfügt sie über keinen Fußboden, da sie auf der nackten Erde gebaut ist. Vor den 2 Türöffnungen, die sich an den diagonalen Ecken befinden, hängen große Stofflappen herunter. Innerhalb ist es stockfinster. Mehrere Feuerstellen treiben die Raumtemperatur fast unerträglich in die Höhe. Zwischen den Hängematten, in denen die Yanomamis liegen, tanzt singend ein halluzinierender Indianer. Es ist Enrique. Er hat sich mit einem ca. 1 m langen Nasenblasrohr das berauschende Jopopulver (die Samen aus den Schoten des Jopobaumes werden dafür gemahlen) in einen Nasenflügel pusten lassen. Sein Gesicht ist mit dem feuerroten Farbstoff des Onotosamens verziert. Völlig in Trance bemerkt er gar nicht, dass Gäste gekommen sind.
Nun begrüßen wir auch die anderen Familien in diesem Dorf. Es sind 4. Als ich in einer anderen Yanomamihütte einige Bonbons an die Kinder verschenke, ist was los. Sofort werde ich von allen Seiten von Sprösslingen umströmt. Alle halten mir weitausgestreckt gleich beide Patschen mit den Handinnenflächen nach oben entgegen. Ich verliere den Überblick. Wer hat schon etwas und wer noch nicht? Ein Yanomami kommt mir zu Hilfe. Er deutet mit seinem Zeigefinger auf die Hände, die bis jetzt leer ausgegangen sind. Meine kleinen Süßigkeiten gehen nun weg wie geschnittenes Brot. Als ich an einigen Hängematten vorbeigehe, flüstern mir die darin liegenden Frauen zu: "Karamell, Karamell", "Medizin, Medizin", murmelt mir ein anderer Yanomami entgegen. Seine linke Hand ist stark geschwollen. Er hat sich den Daumen gebrochen. Leider kann ich ihm nur etwas gegen die quälenden Schmerzen geben. Viele Indianermütter sehe ich beim Entlausen ihrer Kinder. Einige bekommen ein weißes Entlausungspulver in die Haare massiert.
Auf dem Erdreich der Yanomamibehausung schläft ein Hundewelpe auf einer Machete. Dieses Motiv nehme ich als Anlass, um die kleine Digitale herausholen zu können. Schon bin ich von einer ganzen Kinderschar umlagert. Alle wollen sehen was ich da habe. Mit festen Griffen halten sie sich an mir und meiner Kleidung fest, um einen Blick auf das Display zu bekommen. Auch wollen sie vorne in das Objektiv schauen. Wildes, lebhaftes Gelächter bricht unter ihnen los, als die zuckenden Blitzlichter die Dunkelheit der Hütte erhellen.
Am Abend spielt Flaco auf der Quattro (Ukulele). Ein Lied nach dem anderen wird nun angestimmt. Dazu brenne ich einige Wunderkerzen ab. Den Pimpfen fallen die Kinnladen herunter. Einem Mädchen halte ich die funkensprühende Wunderkerze entgegen. Sie ist beklemmt. Die anderen lachen sie aus. Scheu nimmt Sie sie nun doch. Nun wird sie lautstark gefeiert. Die Drähte werden sofort sichergestellt. Daraus kann man ein paar prima Angelhaken anfertigen. Monte reicht eine Cocktailflasche in die Runde der Erwachsenden. Eine Art Bananenschnaps. Das hatte zur Folge, dass Nachts alle halbe Stunde einer pinkeln musste. Ständig das Geplätscher, denn jeder hielt seinen Schniedelwutz gleich über die schmale Reling. Das ist gar nicht mal so einfach den kleinen Mann da herüber zu bekommen ohne sich dabei in die Unterhose zu schiffen, musste ich später feststellen. Flaco hatte eigentlich für mich zwei aufregende Übernachtungen in den Buschhütten der Yanomamis klar gemacht, so wie ich es wollte. Da ahnte ich aber noch nichts von den 35 bis 37° C Schlaftemperaturen. In dieser dunklen Sauna kann doch keiner pennen. Hinzu kommt die starke Rauchbelastung der vielen Feuer und Kochstellen. Also schlief ich dann doch lieber an Bord der Flor, wie unser Boot hieß.
Am späten Morgen des nächsten Tages teilten Flaco und ich meine mitgebrachten Gastgeschenke auf. Pullover, die ich schon aus Deutschland mitgenommen habe und in Puerto Ayacucho gekaufte Messer, Kautabak, Angelhaken und Schnur. Dafür springt anschließend ein überwältigendes Fotoshooting heraus. Gespannt wie ein Regenschirm bin ich nun. Natürlich müssen reichliche Bolivares obendrauf gepackt werden. Eine gute halbe Stunde wird noch vergehen, bis die Mädchen sich hübsch gemacht haben.

 

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